Eine Analyse des Abschnittes 1. Korinther 10 (nach der Elberfelder Übersetzung).

Denn ich will nicht, dass ihr darüber unwissend seid, Brüder, …

Die Briefempfänger gehörten ebenso wie die meisten von uns nicht dem Volk Israel an. Die Korinther waren nicht mit dem Wissen um die Geschichte Israels zur Zeit der Wüstenwanderung groß geworden. Dennoch legt Paulus großen Wert darauf, dass sie Kenntnis von den Einzelheiten hatten, die mit dem Auszug aus Ägypten und dem Weg durch die Wüste bis ins Land Kanaan verbunden waren. Die weiteren Verse zeigen uns, warum. Die im Alten Testament niedergeschriebenen Fakten haben eine Belehrung für die christliche Zeitperiode. Auch wir sollen nicht unwissend über den Weg Gottes mit Seinem irdischen Volk sein, sonst werden wir wichtige neutestamentliche Lehren nicht richtig verstehen können. Gerade in diesem Kapitel, das die Verkündigung des Todes des Herrn an seinem Tisch vorstellt, gibt es einen intensiven Bezug zu den Bildern des Alten Testaments.

 … dass unsere Väter alle …

In den ersten drei Versen steht fünfmal das Wort „alle“. Das Thema des folgenden Abschnitts ist der gemeinsame Weg des Volkes Israel, der auf den gemeinsamen Weg der Kinder Gottes heute übertragen wird.

… unter der Wolke waren …

Die Wolkensäule war das sichtbare Zeichen der Gegenwart Gottes, seiner Führung und des Schutzes Israels in der Wüste. Wann waren sie alle unter der Wolke? In 2. Mose 13,21 lesen wir, dass der Herr am Tag in der Wolkensäule vor ihnen her zog. Als die Streitmacht der Ägypter bedrohlich nahe kam, „brach die Wolkensäule von vorn auf und stellte sich hinter sie“ (2. Mo 14,19). Sie alle waren dabei unter der Wolke, direkt in einer Verbindung mit Gott, der sie schützte.

… und alle durch das Meer hindurchgegangen sind …

Der Durchzug durch das Schilfmeer redet symbolisch vom Tod Christi als Mittel und Weg zu einer vollständigen Befreiung von der Welt der Sünde, dem Bereich Satans. Alle gingen hindurch, was uns zeigt, dass Israel hier kollektiv das Volk Gottes darstellt, unabhängig vom Herzenszustand der individuellen Personen. Es geht in diesem Kapitel nicht um die Errettung für die Ewigkeit oder um ein ewiges Verlorengehen, sondern um eine Stellung auf der Erde.

… und alle auf Mose getauft wurden in der Wolke und im Meer

Die Taufe ist ein äußeres Zeichen, das mit dem verbindet, auf den getauft wird. Sie führt zu Jüngerschaft. Mose war der Führer des Volkes, das Volk selbst stand in der Verantwortung ihm zu folgen. Noch im Neuen Testament sagen die Pharisäer von sich, dass sie Moses Jünger seien (Johannes 9,28). Wolke und Meer zeigen die beiden Seiten unserer neuen Stellung: Die Wolke spricht von unserer Verbindung zu Christus, das Meer von unserer Trennung von der Welt.

 … und alle dieselbe geistliche Speise aßen …

Die ganzen vierzig Jahre in der Wüste versorgte Gott sein Volk mit dem Manna. Es war stoffliche Nahrung. Dennoch wird es als „geistliche Speise“ bezeichnet, weil es übernatürlichen Ursprungs war. Es wuchs nicht auf der Erde (was Gott auch hätte bewirken können), sondern kam vom Himmel herab, um so ein Bild des Mensch gewordenen Sohnes Gottes zu sein, der heute unsere geistliche Speise sein darf (Johannes 6,32 ff).

 ... und alle denselben geistlichen Trank tranken; …

Auch das Wasser, das das Volk während der Wüstenwanderung trank, war nicht natürlicher Herkunft.

… denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen ...

Das Wasser kam aus dem Felsen, den Mose geschlagen hatte. Der geschlagene Fels ist ein Bild des gestorbenen Christus. „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke!“ (Johannes 7,37).

… denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete. (Der Fels aber war der Christus). ...

Es war kein mineralischer Felsen, der die Jahre mit durch die Wüste zog. Christus selbst ging mit seinem Volk und versorgte sie auf übernatürliche Weise, so dass sie keinen Durst hatten. Einzelheiten, wie das vor sich ging, werden uns im Alten Testament nicht mitgeteilt. Die Bibel schweigt über manches, was uns interessieren würde. Da es aber keine geistliche, belehrende Bedeutung hat, wird es uns nicht gesagt.

In den einleitenden Versen wird uns die gnädige Fürsorge Gottes für sein ganzes Volk mitgeteilt. Auch uns steht diese Fürsorge Gottes vollkommen zur Verfügung. Von seiner Seite aus ist alles da, um uns durch die Wüste ins verheißene Land zu bringen.

Für uns spricht die Wüste von den uns umgebenden irdischen Umständen in dieser Welt. Wir gehen hindurch, das Ziel anschauend. Wir werden von Gott geleitet (Wolkensäule und Mose), von ihm ernährt (Manna und Wasser), von ihm bewahrt, aber auch geprüft.

Man sollte meinen, bei dieser vollkommenen Versorgung würden alle gut durch die Wüste kommen. Doch der nächste Vers ernüchtert:

 … Aber an den meisten von ihnen hatte Gott kein Wohlgefallen, denn sie sind in der Wüste hingestreckt worden. ...

Die meisten, die aus Ägypten auszogen, sind nie in den Genuss des verheißenen Landes gekommen, sondern in der Wüste gestorben. Das Land spricht symbolisch von den geistlichen Segnungen, die Gott uns, den Glaubenden der Gnadenzeit geschenkt hat. Nach Epheser 1,3 sind wir mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern gesegnet. In den Versen danach werden einige aufgezählt: Wir sind auserwählt vor Grundlegung der Welt, wir sind zur Sohnschaft zuvorbestimmt, wir haben die Erlösung und die Vergebung unserer Sünden, wir haben ein himmlisches Erbteil erlangt, wir sind versiegelt mit dem Heiligen Geist. Diese Aufzählung ist nicht abschließend, aber alle diese Segnungen haben nicht direkt mit unseren Lebensumständen auf der Erde zu tun, es sind eben geistliche Segnungen.[1]

… Diese Dinge aber sind als Vorbilder für uns geschehen …

Die Erlebnisse des Volkes in der Wüste sind sogar für uns vorbildlich geschehen, nicht nur die Niederschrift hat vorbildlichen Charakter. Deshalb müssen wir uns die Frage stellen: Gehören wir zu denen, die „in der Wüste sterben, ohne das Land zu sehen“?[2]

Sind wir so mit dieser Erde, unserer Arbeit, Familie, Hobbys usw. beschäftigt, dass wir keine Zeit oder sogar kein Interesse an unseren geistlichen Segnungen haben? Ein Blick auf uns und die Gesamtheit des Volkes Gottes macht uns demütig, wenn wir sehen, wie wenige der Wiedergeborenen ein tiefes Verständnis der geistlichen Segnungen haben und sich bemühen, sie in Besitz zu nehmen. Einige Erlebnisse Israels in der Wüste, die nun folgen, machen uns dies deutlich. Sie zeigen, warum Gott kein Wohlgefallen an ihnen hatte.

Es folgen fünf warnende Beispiele Israels. Wir sollen

  • nicht nach bösen Dingen begehren,
  • nicht Götzendiener werden,
  • nicht Hurerei treiben,
  • Christus nicht versuchen,
  • nicht murren.

Natürlich gelten diese Warnungen wortwörtlich auch für uns. Doch der Zusammenhang macht klar, dass hier auf fünf Situationen während der Wüstenwanderung Bezug genommen wird. Wir sollen nicht unwissend sein, welche geistlichen Belehrungen damit verbunden sind. Deshalb ist es gut, im Alten Testament nachzulesen, welche konkreten Situationen vorlagen. Dann dürfen wir darüber nachdenken, was die vorbildliche Bedeutung für uns ist.

… damit wir nicht nach bösen Dingen begehren, wie auch jene begehrten. ...

Manche Ausleger sehen hierin eine Überschrift über die vier folgenden Begebenheiten. Doch es liegt nahe, an 4. Mose 11 zu denken. Dort lesen wir, dass „das Mischvolk lüstern wurde und auch die Kinder Israel weinten wiederum und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben? Wir erinnern uns an die Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, an die Gurken und die Melonen und den Lauch und die Zwiebeln und den Knoblauch; und nun ist unsere Seele dürr; gar nichts ist da, nur auf das Man sehen unsere Augen“ (Vers 4–6). Die Lebensmittel, die sie begehrten, waren an sich nicht böse. Aber in der Wertung lag die Bosheit: Sie wünschten das Essen, dass sie während ihres Sklavendaseins in Ägypten hatten und verachteten das von Gott gegebene Manna, das Brot vom Himmel.

Wir sollen nicht nach bösen Dingen begehren. Das ist der Fall, wenn uns Christus für unser Glaubensleben nicht mehr ausreicht. Sobald wir etwas für wichtiger als unseren Herrn halten, oder auch nur etwas als zusätzlich geistlich inspirierend ansehen, ist das böse. Der Kolosserbrief warnt vor vier solchen bösen Einflüssen: Philosophie (2,8), Gesetzlichkeit (2,11 ff), Mystizismus (2,18) und Asketentum (2,20 ff). Diese Dinge und viel mehr hindern uns am Genuss unserer geistlichen Segnungen, weil sie Elemente dieser Welt sind, die Christus entgegenstehen.

… Werdet auch nicht Götzendiener wie einige von ihnen, wie geschrieben steht: „Das Volk setze sich nieder, um zu essen und zu trinken, uns sie standen auf, um sich zu vergnügen.“ ...

Das Zitat aus 2. Mose 36,6 macht klar, auf welche historische Begebenheit hier Bezug genommen wird: die Anbetung des goldenen Kalbes. Als das goldene Kalb fertig gebaut war, sagten die Israeliten: „Das sind deine Götter, Israel, die dich aus dem Land Ägypten herausgeführt haben. … Aaron sprach: Ein Fest des HERRN ist morgen!“ Das entsprach einer Neudefinition Gottes, des HERRN und damit automatisch ein Verwerfen des wahren Gottes und Götzendienst. Es war ein Aufgeben des Glaubens an einen unsichtbaren Gott.

Die Aufforderung an uns, nicht Götzendiener zu werden, scheint uns fast überflüssig. Doch das Vorbild zeigt, wie schnell es dazu kommen kann. Man möchte etwas Sichtbares, Anfassbares. Die Christenheit ist voll von Statuen, heiligen Städten, Kreuzen usw. Außerdem werden Gott Eigenschaften zugeschrieben, die nicht biblisch sind. Manche seiner Wesenszüge werden auf Kosten anderer überbetont. Wenn nur noch vom lieben Gott die Rede ist, und die tatsächlich unergründliche Liebe Gottes auf alles bezogen wird, ist das eine Neudefinition Gottes. Er ist zugleich auch heilig und gerecht. Das darf nicht weniger betont werden.

… Lasst uns auch nicht Hurerei treiben, wie einige von ihnen Hurerei trieben, und es fielen an einem Tag dreiundzwanzigtausend. …

Selbstverständlich ist uns Hurerei verboten (Apg 15,20). Doch vorbildlich will uns diese Warnung mehr sagen. Sie nimmt Bezug auf 4. Mose 25. Das Volk Israel hurte mit den Moabitern und Midianitern. Es begann bei kurzzeitiger geschlechtlicher Vereinigung und führte zu einer gemeinsamen Anbetung von deren Göttern. Die Midianiter sind ein Bild der die Sinne berauschenden und verführenden Macht der Welt, die uns am Genuss des Landes, unserer geistlichen Segnungen, hindern will. Unser Lebensumfeld, insbesondere das digitale, versucht unsere Sinne in den Bann zu ziehen. Wir beginnen uns für die Dinge, Ideen und Werte dieser Welt zu interessieren und sind unvermittelt so in ihren Bann gezogen, dass unsere Gedanken ständig darum kreisen. Das mögen zunächst harmlos aussehende Themen sein, wie Umweltzerstörung und Klimaerwärmung, politische Entwicklungen, sportliche Highlights und vielesandere mehr. Sobald uns diese Dinge von unserem Herrn abziehen sind unsere Zuneigungen und Beziehungen zu Ihm gestört. Das bezeichnet Gottes Wort als (geistliche) Hurerei.

Diese ersten drei warnenden Beispiele aus der Geschichte Israels zeigen vor allem die Gefahren der Lust des Fleisches. Die letzten beiden Beispiele warnen vor einem Aufruhr gegen Gott.

… Lasst uns auch den Christus nicht versuchen, wie einige von ihnen ihn versuchten und von den Schlangen umgebracht wurden. …

Das Gericht durch die feurigen Schlangen schickte Gott, nachdem das Volk gegen Gott und Mose geredet hatte: „Warum habt ihr uns aus Ägypten herausgeführt, dass wir in der Wüste sterben? Denn da ist kein Brot und kein Wasser, und unsere Seele ekelt sich vor dieser elenden Speise“ (4. Mose 21,5). Es war eine umfassende Kritik an Gottes Führung und Fürsorge, ein vollständiges Infragestellen des Heilsweges Gottes mit seinem Volk. Warum kam es dazu? Das Volk wurde ungeduldig, weil es so lange auf den verheißenen Segen warten musste.

Wenn sich die Umstände nicht so gestalten, wie wir es uns wünschen, können Zweifel an Gott aufkommen. Liebt er mich wirklich? Warum hilft er mir denn gerade jetzt nicht, wo ich ihn doch so nötig brauche? Er hat doch verheißen, dass der Herr wiederkommt und nun warten die Glaubenden schon 2000 Jahre! Vor lauter Ungeduld verschließen wir unsere Augen für Gottes tägliche Hilfe, für seine Gnade und Langmut und sehen nur das Negative. Das sollte nicht so sein. Wenn unser Glaubensblick fortwährend auf den Herrn Jesus gerichtet ist, wird Er, das lebendige Brot, uns als Speise und Kraftquelle nie zu gering sein.

… Murrt auch nicht, so wie einige von ihnen murrten und von dem Verderber umgebracht wurden. …

Korah, ein Levit, war nicht zufrieden mit dem Platz, den Gott ihm gegeben hatte. Er wagte einen Aufstand gegen Mose und Aaron und gegen die gottesdienstlichen Regeln, die Gott vorgeschrieben hatte. Gott beantwortete dieses Murren durch Gericht. Korah und seine Anhänger wurden lebendig vom Erdboden verschluckt. Statt dadurch beeindruckt und gewarnt zu sein, murrte die ganze Gemeinde am nächsten Morgen gegen Mose und Aaron und warfen ihnen vor, das Volk des Herrn getötet zu haben (4. Mose 17,6). Daraufhin schickte Gott eine Plage, durch die viele vom Volk starben.

Unzufriedenheit und Kritik an den Regeln, die der Herr seiner Versammlung gegeben hat, ist auch heute oft zu hören. Der 1. Brief an die Korinther ist ausdrücklich an alle gerichtet, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen. Damit ist er auch für uns heute absolut gültig. Doch viele der klaren Anordnungen dieses Briefes werden infrage gestellt, zum Beispiel die Notwendigkeit einen Bösen hinauszutun und jede Gemeinschaft mit ihnen abzubrechen, die Vielfalt der Gnadengaben in dem einen Leib, oder das ausdrückliche Gebot, dass die Frauen in den Zusammenkommen schweigen sollen (Kap 5,11; 12,4 ff; 14,34). Für gegenteilige Praktiken wird wird Gott nie seine Zustimmung geben.

… Alle diese Dinge widerführen jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf die das Ende der Zeitalter gekommen ist. …

Noch einmal betont Gottes Wort den vorbildhaften Charakter der dargestellten historischen Ereignisse und damit die Wichtigkeit, das Alte Testament zu lesen und zu kennen.

… Daher, wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle. …

Leicht blicken wir abschätzig auf das Volk Israel und sein Versagen herab. Doch wenn wir über die Anwendung für uns nachdenken und uns persönlich und gemeinsam hinterfragen, haben wir überhaupt keinen Grund dazu. Im Gegenteil: Die uns verheißenen Segnungen sind weitaus höher, als die des irdischen Volkes. Unser Gehorsam und die Wertschätzung des Segens ist aber kein bisschen besser. Unendlich viele Christen fallen in die gleichen Fehler und Sünden und können dadurch die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern nicht genießen.

… Keine Versuchung hat euch ergriffen als nur eine menschliche; Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, so dass ihr sie ertragen könnt. ...

Gerne wird dieser Vers auf schwierige Lebensumstände angewandt und das dürfen wir sicherlich auch tun. Doch gemeint sind Prüfungen unseres geistlichen Zustandes. Die beiden Extreme stehen einander gegenüber: Entweder wir bilden uns ein, wir würden fest stehen, uns kann nichts passieren – oder wir sagen deprimiert, wir schaffen es doch nicht, den Prüfungen standzuhalten. Beides ist falsch. Wenn Gott unseren Glauben prüft, möchte Er dass er fest bleibt und sich bewährt. Er selbst kennt das Maß und wird uns nicht mehr prüfen, als wir ertragen können. Dennoch bleibt unsere Verantwortung bestehen, fest auf ihn zu vertrauen und uns nicht wegbewegen zu lassen. Das gilt für jeden persönlich, aber in unserem Kontext gesehen für unseren gemeinsamen Weg als Kinder Gottes.

… Darum, meine Geliebten, flieht den Götzendienst. …

Dieser kurze Vers ist einerseits eine Zusammenfassung des vorher Gesagten, andererseits eine Überschrift über die folgenden Verse. Wenn wir vor etwas fliehen, ist das ein Zeichen von Furcht und das Eingeständnis, nicht dagegen halten zu können. Es ist ein beherztes Wegwenden von allem, was im Widerspruch zu unserem Herrn steht.

… Ich rede als zu Verständigen, beurteilt ihr, was ich sage. …

Verständige oder auch Kluge und Einsichtsvolle sind natürlich keine kleinen Kinder und ganz frisch Bekehrte. Es sind solche, die durch das gründliche Studium der Heiligen Schrift Einsicht haben in die Wege Gottes, die Er mit seinem irdischen Volk gegangen ist. Dadurch sind sie fähig, die folgenden Aussagen des Apostels zu beurteilen und sie als Gottes Wort anzuerkennen.

… Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? …

Anders als die historische Reihenfolge war, als der Herr das Gedächtnismahl einsetzte, wird hier der Kelch zuerst genannt. Er spricht von der Grundlage, dem sühnenden Blut unseres Herrn, durch das wir überhaupt erst miteinander Gemeinschaft haben können. Beim Trinken aus dem Kelch machen wir uns eins mit dem Tod des Herrn.

… Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus? …

Durch das Essen von dem Brot drücken wir die Gemeinschaft untereinander und mit unserem Herrn aus.

… Denn ein Brot, ein Leib, sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot. …

Wie am Anfang des Kapitels, als die Einheit des Volkes Israel durch das 5 Mal genannte Wort „alle“ betont wurde, wird auch hier die gemeinsame Seite bei der Verkündigung des Todes des Herrn vorgestellt. (Die individuelle Seite folgt im 11. Kapitel). Beim Brechen des einen Brotes drücken wir aus, dass wir alle gemeinsam einen Leib bilden. Dieser Leib ist zwar auf der Erde (in seiner Gesamtheit so) nicht sichtbar, aber wir bekennen durch das Essen von dem einen Brot, dass dieser existiert. Er wurde am Pfingsttag durch den Heiligen Geist gebildet und bleibt für immer bestehen. „Ihr seid Christi Leib“ lesen wir etwas später (12,26). Alle die, die an einem Ort von dem Brot essen, sind eine örtliche Darstellung des einen Leibes und haben die gemeinsame Verantwortung, dies auszudrücken und gemeinsam darauf zu achten, wer daran teilnimmt. Das wird in den folgenden Versen dargestellt.

… Seht auf Israel nach dem Fleisch. …

Wieder werden wir aufgefordert, das irdische Volk Israel als Vorbild zu betrachten. Während am Anfang unseres Kapitels der gemeinsame Weg durch die Wüste im 2. und 4. Buch Mose in seiner vorbildlichen Bedeutung vorgestellt wurde, kommt nun die Bedeutung der Vorschriften der Opfer im 3. Buch Mose vor uns.

… Sind nicht die, welche die Schlachtopfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar? …

Wieder eine Frage, die unbedingt bejaht werden muss. Der Altar war der Ort, wo ein Israelit äußerlich in die engste Beziehung zu Gott kommen konnte. Der Altar war sozusagen das Sinnbild des jüdischen Systems, der Ordnung des Opferdienstes und gleichzeitig ein Bild von Christus.

Essen ist in der Bibel sehr oft der Ausdruck von Gemeinschaft, so auch hier. Nun werden in den ersten Kapiteln von 3.Mose verschiedenen Opfer genannt: Brandopfer, Speisopfer, Friedensopfer, Sünd- und Schuldopfer. Jedes Opfer hat eine andere bildliche Bedeutung. Doch welches ist hier mit dem Begriff „Schlachtopfer“ gemeint? Von welchem Opfer durften Israeliten aus dem ganzen Volk essen? Zur Beantwortung dieser Frage ist es zwingend notwendig, die Opfervorschriften genau zu lesen. (Ich empfehle dir, dies zu tun. Im Folgenden kann nur kurz darauf eingegangen werden). Erst in 3. Mose 7,19 finden wir die Antwort: „Jeder Reine darf das Fleisch essen“. Dieser Satz steht in den Vorschriften über das Friedensopfer. Dieses Opfer beschreibt die Gemeinschaft des Volkes Gottes mit Gott und untereinander auf der Grundlage des Friedens, den der Herr gemacht hat. Dieser Hinweis ist also außerordentlich passend für das in 1. Korinther 10 behandelte Thema.

Jeder reine Israelit darf das Friedensopfer essen. Das zeigt die erste Grundvoraussetzung, nämlich auf unsere Zeit übertragen, dass alle Teilnehmer beim Brotbrechen wiedergeboren sein müssen. Der Satz „Jeder Reine darf das Fleisch essen“ ist eingebettet in drei Anweisungen, die aufzeigen, was einer gemeinsamen Opfermahlzeit entgegensteht. Das können wir auf die Frage, wer am Brotbrechen teilnehmen darf, übertragen.

  1. „Und das Fleisch, das irgendetwas Unreines berührt, soll nicht gegessen werden“ (3. Mo 7,19). Der erste Hinderungsgrund ist, dass etwas Unreines, etwas, was der Heiligkeit Gottes nicht entspricht, dabei ist. Das können zum Beispiel Regeln oder Satzungen sein, die Böses dulden. Man kann auch sagen: Der Boden, der Grundsatz des Zusammenkommens ist unrein. Dort ist keine Verkündigung des Todes des Herrn möglich.
  2. „... die Seele, die Fleisch vom Friedensopfer isst, … und ihre Unreinigkeit ist an ihr, diese Seele soll ausgerottet werden“ (3. Mo 7,20). Hier ist nicht das Opfer verunreinigt, sondern die Person, die teilnimmt. Das betrifft Menschen, die offenbare, ungerichtete Sünden getan haben. Das können moralische oder lehrmäßige Verfehlungen sein. Sie können nicht am Brotbrechen teilnehmen.
  3. „Und wenn eine Seele irgendetwas Unreines anrührt, … und sie isst vom Fleisch des Friedensopfers, … diese Seele soll ausgerottet werden“ (3. Mo 7,21). Hier ist weder das Opfer verunreinigt, noch die Person, die davon essen möchte, sondern sie hat unreine Verbindungen. Die Person hat Verbindung mit Bösen, vielleicht sogar ohne es selbst gutzuheißen. Jedenfalls mangelt es an Absonderung vom Bösen. Dadurch ist ein gemeinsames Essen von dem Brot unmöglich.

Das genaue Studium der Opfervorschriften, zu dem wir mit den Worten: „Seht auf Israel!“ aufgefordert werden, hilft wesentlich, die gemeinsame Verantwortung zu verstehen, die wir beim Essen von dem Brot haben.

… Sind nicht die, welche die Schlachtopfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar? …

Dieser Grundsatz, der beim Friedensopfer eindeutig zu erkennen ist, gilt natürlich genauso für Schlachtopfer, die Götzen dargebracht wurden. Wer ein Götzenopfer aß, verband sich damit mit dem Götzenaltar und den Regeln des Götzendienstes. Dies wird in den folgenden Versen erklärt. Auf uns übertragen bedeutet es, dass wir uns mit den Grundsätzen der Gemeinschaft eins machen, wo wir das Brot brechen.

… Was sage ich nun? Dass ein Götzenopfer etwas sei oder dass ein Götzenbild etwas sei? ...

Ein Götzenopfer ist genau genommen nur ein normales Stück Fleisch und ein Götzenbild ein menschengemachtes Gebilde aus natürlichem Material.

… Sondern dass das, was die Nationen opfern, sie den Dämonen opfern und nicht Gott. …

Aber hinter diesen materiellen Dingen stehen Dämonen, böse Mächte, die gegen Gott sind.

… Ich will aber nicht, dass ihr Gemeinschaft habt mit den Dämonen. …

Durch eine äußere Handlung, nämlich dem Essen von Götzenfleisch, kommt der Essende in innere Gemeinschaft mit den dahinter stehenden Dämonen. Das muss dem Essenden nicht einmal bewusst sein, es geschieht ohne sein Dazutun.

… Ihr könnt nicht des Herrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht des Herrn Tisch teilhaftig sein und des Dämonen-Tisches. …

Diese Schlussfolgerung ist sehr gut verständlich, fast schon selbstverständlich. Unmöglich können wir den Tod des Herrn, der für die Sünde gestorben ist, verkündigen und gleichzeitig oder bald darauf Gemeinschaft mit bösen Mächten haben.

Im Zusammenhang des Kapitels denken wir zurück an die Warnung, Götzendiener zu werden und Hurerei zu treiben. Im Sendschreiben an Pergamon wird gesagt, dass „du solche dort hast, die die Lehre Bileams festhalten, der den Balak lehrte, einen Fallstrick vor die Söhne Israels zu legen, Götzenopfer zu essen und Hurerei zu treiben“ (Offenbarung 3,14). Die historische Situation ist die gleiche, die in Vers 8 als Vorbild genannt wurde. Auch heute gibt es böse Menschen und böse Einflüsse, die Dinge in die Versammlungen hineinzubringen versuchen, die Gott und dem Herrn Jesus feindlich gegenüberstehen. Ihnen müssen wir den Zugang zum Mahl des Herrn verwehren. Wenn wir zu den „Verständigen“ (Vers 15) gehören, sind uns die alttestamentlichen Vorbilder eine große Verständnishilfe.

Hier wird der Altar übertragen als Tisch des Herrn bezeichnet. Diese Bezeichnung ist auch nichts rein Neutestamentliches. Bereits im Propheten Maleachi finden wir diesen Begriff (Mal 1,7.12).

ER ist der Hausherr, es ist Christi Leib, zu dem wir gehören. Da gebührt sich alle Sorgfalt, wenn wir mit Ihm und miteinander Gemeinschaft haben. Dann ehren wir unseren Herrn und sein Erlösungswerk und werden selbst gesegnet.


Fußnoten:

  1. Diese Segnungen werden wir in Ewigkeit in Vollkommenheit genießen. Wenn wir jedoch nur dem Bekenntnis nach Christen sind, dann können wir diese Dinge jetzt nicht genießen, noch werden wir, und das ist der Punkt hier, in den Himmel eingehen. Dieses Kapitel zeigt deutlich, dass es nicht genügt, nur äußerlich dem Volk Gottes anzugehören. Nur äußere Vorrechte zu haben und Wahrheiten dem Verstand nach zu kennen, das ist zu wenig. Anmerkung der Redaktion.
  2. Das trifft nur auf solche zu, die ein bloßes Bekenntnis haben, sie erreichen das herrliche Ziel nicht. Dennoch sollten auch von neuem Geborene die Warnungen dieses Abschnittes ernst nehmen, denn wer möchte seinen Fuß schon auf den „Weg des Verderbens“ setzen? Auf dieser Linie liegend, folgt nun eine praktische Anwendung. Anmerkung der Redaktion.